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Führungstheorien
Literatur:
Theorien der Sozialpsychologie Bd. II(Frey/Irle Hrsg) Kognitive Theorien Verlag Hans Huber 2.Aufl.1993 Sozialpsychologie (Frey/Greif) Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen 4.Aufl.1997 Beltz Verlag Psychologie Verlags Union



Führungsperson ist dasjenige Mitglied einer Gruppe, das zur Koordinierung, Leitung und Überwachung aufgabenrelevanter Gruppenfunktionen entweder von einer übergeordneten Organisation eingesetzt ist, von der Gruppe explizit gewählt wird, oder durch impliziten Konsens ein gewisses Maß an Einfluß bei aufgabenrelevanten Aktivitäten besitzt.(Definition nach Müller & Irle 1978)


1. Der personalistische Ansatz
1.1. Eigenschaftstheoretisch
Fp : höhere Intelligenz, höheren sozialen Status, bessere Ausbildung, stärkere Initiative und Selbstvertrauen
ebenfalls wirksam: Körpergröße als positiv wirksames Korrelat, wenngleich gering und mit hoher Streuung

- Personalistischer Ansatz erlaubt Klassifikationen, aber keine kausalen Erklärungen
  - Führungsposition erreichbar durch  Selbstsicherheit und Leistungsstreben, aber auch durch Zufall (Geburt)
  - wie wirkt die (u.U. zufällig erreichte) Führerposition auf Persönlichkeitsmerkmale?
- Vorhersagen nur unter Einbezug auch situativer Variablen
- trotz bislang geringen Erkenntnisgewinnes erfolgt Einbezug bei der Auswahl von Führungskräften
- Assessment Center: konstruierte Problemfälle, die potentielle Führungskräfte lösen sollen (Manager-Auswahlverfahren)
- Persönlichkeitsdiagnose durch Eigenschafts- und Verhaltensmessungen

1.2.Verhaltenstheoretisch
- Lipitt & White (1943) erste Führungsstil-Forscher
- drei Führungsstile:    autokratisch
                                        demokratisch
                                        laissez-faire-Verhalten
- Bales (1958) unterschied zwei Führungsfunktionen
    - sozial-emotional
    - aufgabenorientiert
- daraus entwickelte sich zu Beginn der 50er-Jahre ein Ansatz für 2 Forschergruppen (Michigan/ Ohio)

1.3. Ohio-State-Führungsforschungsprojekt
- intuitive Fragebogenentwicklung zur Beschreibung des Führungsverhaltens
- erlaubt Fremdeinschätzung und Selbsteinschätzung  (aus der Sicht der jeweiligen Führungskraft)
- faktorenanalytisches Konzept mit zwei orthogonalen (voneinander unabhängigen) Dimensionen des Führungsverhaltens:
    - Consideration: (C) rücksichtnehmendes, Untergebenenbelange berücksichtigendes Verhalten
    - Initiating structure: (IS) Aufgabenbetonung der Untergebenen und der Gruppe sowie Arbeitsstrukturierung
- diese Führungsstile haben eine gewisse interkulturelle Stabilität

Die Werte dieser beiden Dimensionen stellen die beiden wesentlichen Charakteristika jeglichen Führungsverhaltens dar, und dies wurde in einer Vielzahl von Untersuchungen repliziert.

- Orthogonalität liegt nicht ausnahmslos vor!
  - Führungspersonen mit hohen C- und hohen IS-Werten sind am erfolgreichsten
  - Positiver Zusammenhang zwischen hohen C-Werten und Zufriedenheit der Mitarbeiter nachgewiesen
    - Reduktion von  Absentismus im Betrieb (Abwesenheit z.B. wg. Krankheit) und Mitarbeiterfluktuation
  - IS-Orientiertheit: hoher Absentismus und Mitarbeiterfluktuation, aber hohe (kurzfristige) Produktivität

Kritik: die Fragebögen sind induktiv und intuitiv aufgebaut und haben psychometrische Mängel
           Erwartungshaltung der Gruppe gegenüber dem Führer ungeklärt
           Verhalten von Führungsperonen ändert sich in Abhängigkeit von Situation und anderen Variablen.
Es fehlen weiterhin die Auswirkungen situativer Charakteristika und andere Determinanten (Aufgabenmerkmale,Gruppenklima usw)

- daher wurden moderierende Variablen hinzugefügt:
  - Leistungsdruck, intrinsische Motivationswirkung der Aufgaben, Erwartungen, Informationsstand der Gruppe etc)

2.Kontingenzmodell der Führung (Fiedler)
- Einbezug wechselseitig wirksamer persönlichkeits- und situationsspezifischer Aspekte der Führung
- LPC-Maß: Last Preferred Worker
    - Sematisches Differential mit 16 Einstellungsdimensionen (Fragebogen mit Persönlichkeitsmerkmalszuordnungen, wie
       z.B. freundlich-unfreundlich, angenehm-unangenehm usw) und 8-stufigen Skalen, deren Summation bei hohen Werten
       bedeutet, daß die Fp den schlechtesten Mitarbeiter immer noch sehr positiv beschreibt, bzw. bei niedrigen Werten,
       daß der Mitarbeiter sehr negativ beschrieben wird.

- es wird damit diejenige Person charakterisiert, mit der die Fp am schlechtesten zusammengearbeitet hat
- darüberhinaus nimmt Fiedler an, daß damit die generelle Einstellung der Fp zu seinen Untergebenen festgestellt wird
  - psychische Prädisposition
  - Indikator eines bestimmten Führungstiles
  - innere motivationale Ausrichtung des Führers gegenüber den Gruppenmitgliedern

- die tatsächliche Aussagekraft des LPC-Maßes ist bis heute umstritten
  - Fiedler selbst hat seine diesbezüglichen Interpretationen modifiziert
    - ursprünglich: hoher LPC-Wert=eher mitarbeiterorientierter Führungsstil vs. niedrig=aufgabenorientiert
    - später Indikator für Motivations- oder Zielhierarchie
  - andere vermuten in LPC ein Maß für die Wahrnehmungskomplexität der Fp
    - bei hohen LPC-Werten mehr Beachtung der Personenattribute des Mitarbeiters

Feldstudien zum Zusammenhang zwischen LPC-Werten und Produktivität der geführten Gruppe
- Kriterium war die Gruppenleistung
- nicht berücksichtigt wurden psychologische Kriterien (Arbeitszufriedenheit, Gruppenklima etc)

Das Kontingenzmodell bezieht verschiedene moderierende Faktoren mit ein:

2.1. Affektive Führer-Untergebenen-Beziehung - Einstellung der Mitarbeiter zum Führer
    - Grad der ermittelten Akzeptanz des Führers durch die Gruppe
    - Messung mittels semantischem Differential
    - Wertigkeit 4
2.2. Aufgabenstruktur
    - Strukturiertheit der Aufgaben
    - Klarheit und Unzweideutigkeit von Tätigkeitsanforderungen an die Gruppe
    - Messung mit Beurteilung der Aufgabe durch Untergebenen und Führungsperson
    - Wertigkeit 2
2.3. Positionsmacht
    - formelle Sanktionsmöglichkeiten der Fp
    - Checkliste nach Belohnungs- und Bestrafungsrechten, Einfluß auf Beförderungen und Entlassungen
    - Wertigkeit 1

Damit läßt sich nach Fiedler die situative Günstigkeit von Führer-Untergebenen-Konstellationen beschreiben.
- LPC-Kurve zeigt
  - daß Fp mit hohen LPC-Werten eher in mittelgünstigen Situationen effizient sind
  - in ungünstigen oder sehr günstigen Situationen sind LPC-niedrige Fp erfolgreicher

- dadurch wird deutlich, daß Führungsstil und Effizienz abhängig sind von der Situation.

Kritik:
- umstrittene psychometrische Qualität des LPC-Maßes
- Validität des LPC-Maßes (Eindimensionalität)
- Trennung von Aufgaben-LPC und Mitarbeiter-LPC
- unterschiedliche Gewichtung der 3 Situations-Parameter willkürlich
- Gruppenleistung als einziges Kriterium des Führungsstils, andere Kriteriumsmaße (Arbeitszufriedenheit, Gruppenklima etc)
  fehlen
- statische Betrachtung der Korrelation LPC-Maß/Gruppeneffektivität verhindert die Untersuchung von Gruppenprozessen
  und deren Bedeutung für die Effizienz des Führungsverhaltens
- Fiedler selbst erkennt Veränderungsmöglichkeit hinsichtlich der Situationen, jedoch weniger (oder garkeine) bezüglich
  der Führungspersönlichkeit (bzw. deren Führungsstiles)
- keine Vorhersagemöglichkeit für die Effizienz neuer Gruppen, da lediglich Messung bestehender Gruppen
- keine Aussagen über Interaktionen zwischen Führer und Gruppe (daher statisch)
- starres Festhalten am Verhältnis LPC-Maß/Gruppeneffektivität verhindert weitergehende Untersuchung von Gruppen-
  prozessen und der resultierenden Effizienz des  Führungsverhaltens
- durch Führertraining wird weniger die Persönlichkeit oder der Führungsstil des Führers modifiziert, als vielmehr die
  Situationsgünstigkeit (Veränderung der Situation durch Aufgabenstrukturierung)
- keine Vorhersagen für NEUE Gruppen, nur Feststellung der Verhältnisse in bereits bestehenden Gruppen möglich
  - damit für die Vorauswahl von Führungskräften nicht einsetzbar
- nur deskriptives Modell, keine Erklärung. WARUM der Führungsstil, erfasst mit dem LPC-Maß, in Verbindung mit situativen
  Charakteristika die Gruppenleistung beeinflußt

3.Path-Goal-Theorie/Weg-Ziel-Ansatz der Führung
- Evans (1970) und unabhängig davon House (1971)
- es wird der Einfluß der Führungsperson auf die Arbeitsziele, als auch auf das zielerreichende Verhalten gerichtet
- wird als WEGVERHALTEN bezeichnet
- Grundlage sind Erwartens-Valenz-Theorien der Motivation
- Ziel und zielführendes Verhalten sind Determinanten der Arbeitsmotivation
- Pfad-Instrumentalität: dem Verhalten zugemessene Erfolgschance hinsichtlich der Erreichung des gewünschten Zieles unter
  Berücksichtigung der Valenz (Belohnungswert) - aus Untergebenensicht
- Unterscheidung nach  intrinsischer und extrinsischer Valenz
    - intrinisch: das zu erreichende Ziel wird selbst als wertvoll angesehen
    - extrinsich: die Errreichung des Zieles wird von außen gefördert (Belohnung durch den Führer)
- es wird davon ausgegangen, daß nur solche Handlungen zum Gruppenerfolg beitragend getätigt werden, die dem
  eigenen Nutzen/Vorteil dienen
- Führungskraft wird als Motivator verstanden und kann auf die Motivlage des Untergebenen Einfluß nehmen
- die Fp soll nach der PG-Theorie auf ALLE Determinanten der Motivation der Untergebenen direkt oder indirekt Einfluß
  nehmen können
- Effektives Führungsverhalten wird als maximale Motivation der Untergebenen verstanden
  (Strukturierung der Aufgabe, Loben, Kontinuität belohnen, Teamwork fördern, Gruppenklima optimieren, intrinsisch
   motivierende Aufgaben individuell zuteilen)
-Arbeitsmotivation und Arbeitszufriedenheit sind abhängig v. Führungsstil
Führungsstil
- intern kontrollierte Personen bevorzugen einen partizipativen
- extern kontrollierte P. bevorzugen einen direktiven
- introspektiv erkannte Kompetenz des Untergebenen führt zu einer geringeren Akzeptanz von direktivem und
  betreuendem Führungsverhalten
- sich weniger kompetent verstehende Personen hingegegen bevorzugen direktiven Fs.
- moderierend wirkt also auch die Persönlichkeit des Untergebenen
- Erhöhung der Arbeitszufriedenheit durch
  - direktiven Fs bei unstrukturierten Aufgaben
  - partizipativen Fs bei stark strukturierten Aufgaben
- impliziert wird, daß Unzufriedenheit bei Routineaufgaben (=geringe intrinsische Valenz) durch motivierende Maßnahmen
  und unterstützendes Führerverhalten ausgeglichen werden kann
- soziale Faktoren: bei Bestehen eindeutiger Normen oder Kontrollierbarkeit von Gruppenleistungen wird die
  Arbeitsmotivation durch aufgabenorientierten und direktives Führungsverhalten eher gesenkt

- bislang wenig empirische Befunde dazu

Kritik:
- es wird nur die Arbeitszufriedenheit untersucht, nicht die Arbeitsleistung
- keine Berücksichtigung von Gruppenprozessen

4. Der Vertical-Dyad-Linkage-Ansatz (VDL-Modell)
Grundannahmen der Führungsforschung werden kritisiert:
a. Eine Gruppe sei homogen, kann also als Einheit behandelt werden
b. Fp verhält sich gegenüber allen Gruppenmitgliedern gleich

Daher in der bisherigen Forschung nur Betrachtung des durchschnittlichen Verhaltens.

- Danserau, Graen & Haga (1975): beide Homogenitätsannahmen sind unzutreffend
- Heterogenitätsannahme
- untersucht werden die vertikalen Dyaden zwischen Fp und den einzelnen Gruppenmitgliedern
- unterschiedliche Verhaltensstile der Fp:
    - Partnerschaft
    - Kontrolle
- es wird also nicht mehr nur der Durchschnitt betrachtet, sondern der Führer wird als eine Person betrachtet, die
  mit den einzelnene Mitgliedern der Gruppe jeweils individuelle Beziehungen eingeht und unterschiedlich führt
- in der Rolle als Partner verzichtet die Fp auf Autoritätseinfluß, betont das beiderseitige Vertrauen und führt eine
  weiterführende Interaktion mit dem Gruppenmitglied
- in der Rolle als Kontrollinstanz entsteht eine einseitige Form der Interaktion (Anweisung/Überwachung)

- es wird postuliert, daß unterschiedliche Fp-Gruppenmitglied-Beziehungen bestehen, die auch unterschiedlich ausgeprägt
  sein können
- Fp beschäftigen sich unterschiedlich mit Gruppenmitgliedern und verhalten sich auch unterschiedlich.
- In-group-members: werden gefördert und unterstützt
- Out-group-members werden nur überwacht, ansonsten nicht weiter beachtet

- In-group-members erleben den Führer positiver, sind stärker leistungsmotiviert und zufriedener als Out-group-members
- Stärkere Ähnlichkeiten (z.B. Einstellungen) zwischen In-group-members und Fp

Kritik:
- Kriterien der Auswahl von In-group-members sind unklar
- Untersuchungen nur auf Basis von Fragebogenstudien- daher keine Unterscheidung zwischen Einstellungen (die im
   Fragebogen subjektiv eingeschätzt werden) und tatsächlichem Verhalten
- Vernachlässigung der Gruppeneffektivität
- Fragen nach Verhältnis In-group/Out-group-members
                       Fluktuationsmöglichkeiten In-group zu Out-Group und zurück (Konkurrenz)
                       Größe des Verhaltensunterschiedes zwischen den Mitgliedern der jeweiligen Gruppe
                       Grad der Freiwilligkeit der Gruppenmitgliedschaft
   bleiben noch unbeantwortet

Weitere Unklarheiten:
- Gruppenart (kommerziell, nicht-kommerziell, Militär)
- Maßkriterium für die Führungseffektivität: ökonomische, psychologische?
- wie kristallisieren sich Führer heraus und wie werden diese wieder abgesetzt?
- Implizite Annahme, Arbeitszufriedenheit steigere die Produktivität ist nicht bewiesen
- inwieweit sind Führungspersonen in welchen Situationen nötig/ nicht nötig?
- Rollendifferenzierung innerhalb der nicht institutionalisierten Gruppe (mehrere Führer?)
- bislang nur Querschnittstudien, Längsschnittstudien fehlen
- Führung als Phänomen eines horizontal und vertikal gegliederten Sozialkontextes, somit Fokussierung auch auf die
  Fähigkeit des Führers, den unterschiedlichen Erwartungen zu entsprechen
- Frage nach der Führung in unorganisierten Gruppen




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