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Die Theorie der kognitiven Dissonanz
Literatur:
Theorien der Sozialpsychologie Bd. I (Frey/Irle Hrsg) Kognitive Theorien Verlag Hans Huber 2.Aufl.1993
Sozialpsychologie (Frey/Greif) Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen 4.Aufl.1997 Beltz Verlag Psychologie Verlags Union



1. Grundlagen
- Leon Festinger 1957
- Personen streben ein Gleichgewicht in ihrem kognitiven System an
- Suche nach konsistenten Beziehungen zwischen einzelnen Kognitionen
- Kognitionen stehen in relevanter Beziehung zueinander, wenn sie inhaltlich etwas miteinander zu tun haben
- dissonant sind Kognitionen, wenn - bezieht man nur die beiden relevanten in Betracht - das Gegenteil des einen Elementes aus dem anderen folgt
- "ich rauche" und "Rauchen erzeugt Krebs" sind deshalb dissonant, weil aus der 2.Kognition eigentlich folgen sollte, daß man Kognition 1 aufgibt.
- Dissonanz erzeugt eine Motivation, konsonante Beziehungen herzustellen, d.h. die Dissonanz zu reduzieren
- dies erfolgt durch
                            Addition neuer konsonanter Kognitionen (mein Opa hat auch geraucht und wurde 105)
                            Subtraktion (Verdrängen, Vergessen)
                            Substitution ( Addition konsonanter bei Subtraktion dissonanter Kognitionen)
- es werden die Konditionen mit dem geringsten Änderungswiderstand geändert
- nach Festinger ist eine Kognition besonders änderungsresistent, wenn
        - sie mit vielen anderen Kognitionen in konsonanter Beziehung steht und nur mit wenigen dissonanten
        - sie außerpsychische Realität repräsentiert
- bei Veränderung einer solchen Kognition entstünden neue dissonante Beziehungen, und die resultierende kognitive Dissonanz wäre größer als zuvor

Wichtiger Unterschied zur Reaktanztheorie: Dissonanz tritt nur unter der Voraussetzung der Freiwilligkeit auf

2.Anwendungsbereich
-Festinger hat vier Klassen von Anfangsbedingungen auf, in denen die aus der Dissonanztheorie abgeleiteten Hypothesen überprüft wurden:

2.1.Dissonanz nach Entscheidungen (postdecicional dissonance)
- eine Entscheidung als Wahl zwischen 2 Alternativen
- auf die positiven Aspekte der nicht gewählten Alternative muß P verzichten
- die negativen Aspekte müssen in Kauf genommen werden
- die auftretende Dissonanz kann nach Festinger reduziert werden:
2.1.1. durch Attraktivitätsveränderungen (spreading apart Effekt, entdeckt von Brehm, 1957)
- gewählte Alternative wird aufgewertet
- nicht gewählte Alternative wird abgewertet
2.1.2. durch Änderung der Sicherheit darin, daß die richtig Entscheidung getroffen wurde
2.1.3. durch Suche nach mit der Entscheidung konsonanten Informationen

- je bedeutender die Entscheidung, umso stärker ist die Dissonanz in der Nachentscheidungsphase (Kaufreue)
- die kD wird auch umso stärker, je attraktiver die verworfene im Vergleich zur gewählten Alternative ist und je weniger gemeinsame Elemente die beiden Alternativen haben (kognitive Überlappung)
- kD umso größer, je irreversibler die Entscheidung

- nicht erforscht : regret-Effekt, also Attraktivitätserhöhung der nicht gewählten Alternative und Attraktivitätsreduktion der gewählten A.(siehe Reaktanztheorie)

- nach Festinger besteht kD nur NACH Entscheidungen
- VOR einer Entscheidung befindet sich P. in einem Konflikt, der durch die Entscheidung gelöst wird
- Irle u.a. Autoren fassen jedoch den Entscheidungsprozess als kontinuierlich auf, in welchem oft tentative Entscheidungen getroffen werden, die durch Entscheidungsrevision verändert werden, wodurch es zur Dissonanzreduktion kommt.

Inertia-Effekt: Wert bestätigender Informationen wird überschätzt, Wert entgegengerichteter Informationen wird unterschätzt

2.2. Erzwungene Einwilligung (forced compliance)
- kognitionskonträres Verhalten aufgrund von Belohnung oder Bestrafung
- Illusion, trotz der Belohnung oder Bestrafung, das Verhalten freiwillig durchgeführt zu haben
- Einstellungsänderung zur Dissonanzreduktion
- Dissonanz und Einstellungsänderung umso größer, je geringer die Rechtferigung (Belohnung)
- Experiment: Vpn sollten andere P überzeugen, daß ein langweiliges Experiment interessant und unterhaltsam sei.
Vpn änderten daraufhin ihre Einstellung in Richtung des von ihnen vertretenen Standpunktes, und zwar umso mehr, je WENIGER sie für diesbezügliche Aussagen belohnt wurden (inverser Zusammenhang)
- Experiment: Vpn, die an einem langweiligen Experiment teilgenommen hatten, sollten gegen Bezahlung von 1 bzw. 20 $
einer anderen Vpn erzählen,  daß die Aufgabe im Experiment interessant und vergnüglich sei.
Danach gaben die Vpn Bewertungen darüber ab, wie interessant sie selbst das Experiment gefunden hatten. Vpn, die nur 1 $ erhalten hatten, bewerteten die Aufgabe als signifikant interessanter, als Vpn, die 20$ erhielten.
Nach der Dissonanz-Theorie erleben Personen, die nur 1 $ erhalten, stärkere Dissonanz und reduzieren diese durch Meinungsänderung in Richtung des gezeigten Verhaltens.
- dies gilt jedoch nur bei einem hohen Grad an Selbstverpflichtung und Entscheidungsfreiheit, sowie Auftreten negativer Konsequenzen, für die die Vpn verantwortlich sind (internale Attribution)
- dies gilt auch, wenn die Entscheidungsfreiheit nur eine Illusion ist!
- nach der Inzentiv-Theorie besteht ein positiver linearer Zusammenhang (große Einstellungsänderung=große Belohnung)
- bei excessiven Belohnungen übersteigt der finanzielle Anreiz trotz Entscheidungsfreiheit in seiner Wirkung die Dissonanz

2.2.1 Forbidden-Toy-Paradigma (Aronson & Carlsmith 1963)
- Strafe für ein verbotenes, aber einstellungskonformes Verhalten
- Kinder wurden bei Androhung hoher/niedriger Strafen veranlaßt, NICHT mit enem von ihnen präferierten Spielzeug zu spielen
- bei Androhung einer niedrigen Strafe wird das Spielzeug stärker abgewertet - die Kinder bringen also ihre Einstellung mit ihrem Verhalten in Einklang, als bei Androhung einer hohen Strafe.
- Effekt häufig repliziert, auch nach 40 Tagen

2.2.2. Motivationale Eigenschaften kognitiver Dissonanz ( Zanna & Cooper, 1974)
- konnten Vpn durch einstellungsdiskrepantes Verhalten erzeugte Erregung in einer forced compliance Situation auf eine andere Ursache attribuieren (einem Medikament mit erregenden Nebenwirkungen, in Wirklichkeit ein Placebo), kam es zu keinen Einstellungsänderungen
Wurde dem "Medikament" beruhigende Wirkung zugeschrieben, waren die Einstellungsänderungen stärker.

3. Selektive Informationssuche (selective exposure)
- Suche nach konsonanter bzw. Vermeidung dissonanter Information
- Festinger nimmt kurvilinearen Zusammenhang an:
    - mit zunehmender Dissonanz nimmt die Suche nach konsonanten Informationen und Vermeidung dissonanter zunächst zu,
    - ab einer gewissen Dissonanzhöhe kann eine Revision in Betracht gezogen werden, dann nimmt die Suche nach konsonanter
      Information und Meidung dissonanter Information wieder ab
- Spezifizierung der Bedingungen zur selektiven Informationssuche zweifelhaft

- Dissonante Informationen werden aktiv gesucht, wenn sie nützlich sein können, oder die Person meint, die dissonante
   Information widerlegen zu können. Dies ist u.U. die bessere Dissonanzreduktionsstratgie als naive Vermeidung.

- dissonante Informationen werden gesucht, wenn das kognitive System so stabil ist, daß die dissonante Information integriert
   oder widerlegt werden kann.
- das kognitive System kann aber auch schon so schwach sein, daß dissonante Informationen gesucht werden, um
   Entscheidungsrevision zu beschleungen (Trennung aus einer Beziehung)

- Anwendung auf Gruppen (Frey 1991)
    - homogene Gruppen zeigen stärkere Verzerrungen zu ihren Gunsten als heterogene
    - heterogene Gruppen mit nur 1 Minoritätsmitglied sind selektiver, als solche mit 2 Minoritätsmitgliedern
    - Repräsentanten von Gruppen sind selektiver als Nichtrepräsentanten

4. Soziale Unterstützung (social support)
- Kommunikation und Interaktion ruft häufig Dissonanz hervor
- Dissonanzreduktion durch
    -Angleichung der eigenen an die kommunizierte Information
    -Abwertung des Kommunikators
    -Überzeugung Anderer von der eigenen Meinung
    - Suche nach sozialer Unterstützung (nach Gleichgesinnten)

- Soziale Unterstützung wird nicht nur bei Attacken gegen das kognitive System gesucht, sondern auch nach
  Meinungsänderungen

- es entsteht (gegenüber der alten Kognitionen) eine neue, dissonante Situation, die jedoch schwächer ist, als die vorherige, da
  immer diejenige Reduktionsart gewählt wird, welche die geringste neue Dissonanz entstehen läßt
- um die Dissonanz niedrig zu halten, werden solche Kommunikationen bevorzugt, die die neue Einstellung bestätigen und die
   frühere Kognition angreifen.

Festinger 1956: Mitglieder eine Sekte, derenVorhersagen über den Weltuntergang NICHT eintrafen, begannen verstärkt, neue Mitglieder für die Sekte zu werben.
-->> Dissonanzreduktion durch Addition konsonanter Kognitionen

5. Wirkung unerwarteter negativer Konsequenzen nach Entscheidungen (fait accompli-Effekt)
- Brehm (1959)
- Attraktivität dieser Alternative erhöht sich, wenn die negativen Konsequenzen selbstverursacht gesehen werden
- zufällig auftretende negative Konsequenzen ändern die Attraktivität nicht
Experiment:
Vpn mußten langweilige Aufgaben bearbeiten
Dann wurde die Bearbeitung abgebrochen, und die Vpn informiert, daß die Ergebnisse nutzlos seien (unvorhersehbar negative Konsequenz)
- bei Attribution "Zufall" (extern) erfolgte eine weniger positive Bewertung der Aufgabe, als wenn den Vpn gesagt wurde, der Grund sei von der Person selbst abhängig (interne Attributon)

5. Kognitive Auswirkungen von (unnötigen) Anstrengungen (effort justification)
- Attraktivität einer Aufgabe steigt, je höher der Aufwand für den Erhalt diese Aufgabe war
- die aufgrund der hohen oder unnötigen Anstrengung entstandene Dissonanz kann durch Erhöhung der Attraktivität der
  Aufgabe reduziert werden
- Menschen halten - oft von außen unbegreiflich - an bestimmten Entscheidungen fest
    - dies sind oft Entscheidungen, die viel Zeit, Energie und Geld gekostet haben, so daß man sich schwer entschließen kann,
       die Entscheidung zu ändern (Aktienpaket zu verkaufen, Innovationsfreude zu zeigen usw.)

6. Kognitive Konsequenzen illegitimer Handlungsentscheidungen
- Abwertung der Opfer
- bei nicht wiedergutzumachendem Schaden stärkere Abwertung
- Leiden der Opfer werden unterschätzt
- Rechtfertigungsdruck umso stärker, je weniger Revisionsmöglichkeit und je weniger Wiedergutmachungsmöglichkeit besteht
- "unmenschliches" Verhalten kann dissonanztheoretisch erklärt werden (Milgram-Experiment/ Zimbardo  Gefängnis-Experiment),
   da Menschen es durch kognitive Umstrukturierung zu erklären versuchen
- Konformität und Gehorsam werden vom Ausführenden als übereinstimmend mit höherer Moral oder einem höheren
  Wertesystem gerechtfertigt (SA/SS)
- Dissonanzreduktion liefert also Rechtfertigungen und Entschuldigungen für jegliches Handeln.
- das kognitive System wird der Handlung angepaßt

7.Der theoretische Standpunkt von Irle (1975)
- nicht nur Handlungsentscheidungen , sondern auch Erkenntnisentscheidungen

8. Entscheidungsfreiheit, Commitment, aversive Konsequenzen und Verantwortlichkeit
- Entscheidungsfreiheit und Commitment (Selbstverpflichtung) sind Voraussetzung für Dissonanz und Einstellungsänderungen
- Einstellungsdiskrepanz per se erzeugt nicht unbedingt Dissonanz und Einstellungsänderung
- negative aversive und irreversible Konsequenzen sind die Voraussetzung für Dissonanzerregung
- einstellungsdiskrepantes Verhalten führt dann zur Einstellungsänderung, wenn Vpn1 Vpn2 beeinflussen kann, jedoch nicht, wenn Vpn 2 unbeeindruckt blieb
- Einstellungsänderung nach diskrepantem Verhalten, wenn dieses gegenüber einer Person gezeigt wurde, die man mochte, jedoch nicht  gegenüber anderen Personen

- Verantwortlichkeit: Funktion der wahrgenommenen Freiheit und der Konsequenzen des Verhaltens
- Dissonanz entsteht dann, wenn Entscheidungsfreiheit und klare Vorhersehbarkeit negativer Konsequenzen gegeben sind
 - war das Ergebnis unvorhersehbar oder keine Entscheidungsfreiheit gegeben war, wurde Verantwortlichkeit abgelehnt, und es zeigte sich keine Dissonanz
- der Dissonanzreduktion muß nicht immer Einstellungsänderung folgen
    - Verhalten, Konsequenzen und persönliche Verantwortlichkeit können umbewertet werden, wenn Einstellungsänderung
       negative Konsequenzen hat

9.Wirkung von Kommunikatoren auf die Einstellungsänderungen

- geringe Dissonanz bei Auftreten nichtkognitionskonformen Informationen und Meinungen anderer Personen wenn
    - Glaubwürdigkeit der Kommunikators gering
    - Diskrepanz zwischen Sender und Empfäner gering
    - je weniger fest die betroffenen Einstellung in das kognitive System eingebettet ist

Dissonanzreduktionsmöglichkeiten:
    - Einstellungsänderung
    - Abwertung des Kommunikators
    - Abwertung der Kommunikation
    - Verzerrung des Inhaltes der Kommunikation (passend machen)
    - Suche nach sozialer Unterstützung für die eigene Meinung

Hypothese: nach der Inzentivtheorie besteht eine positive Korrelation zwischen Glaubwürdigkeit und Attraktivität des Kommunikators und der Effektivität der Beeinflussung.

- Experiment:
Vpn haben Entscheidungsfreiheit, entweder einem sehr glaubwürdigen oder weniger glaubwürdigen bzw.einem attraktiven bzw. wenig attraktiven Kommunikator zuzuhören oder Aufgaben von ihm durchzuführen.

Die Entscheidung, einem wenig glaubwürdigen/attraktiven Kommunikator zuzuhören oder seinen Wünschen nachzukommen, erzeugt Dissonanz (Rechtfertigungsdruck).
Die Dissonanz kann nicht durch Abwertung des Kommunikators reduziert werden, da dieser freiwillig gewählt wurde.
(Anmerkung: wird der Kommunikator vorgegeben, entsteht Reaktanz)
Eine effektive Reduktion besteht in diesem Fall darin, die Einstellung bezüglich der erhaltenen Kommunikation zu verändern.
Somit erzeugen unglaubwürdige Kommunikatoren mehr Einstellungsänderung, als glaubwürdige (allerdings nur bei völliger Entscheidungsfreiheit)

9.1.Untersuchungen über Einstellungsänderung bei Meinungsdiskrepanzen zwischen Kommunikator und Empfänger
- widersprüchliche Ergebnisse bzgl. Diskrepanz und Einstellungsänderung
- Glaubwürdigkeit als vermittelnde Variable:
- bei Kommunikatoren mit hoher Glaubwürdigkeit eher Einstellungsänderung, je höher die Diskrepanz
- bei niedriger Glaubwürdigkeit Abnahme der Einstellungsänderung
Erklärung durch den Änderungswiderstand der Kognitionen über den Kommunikator:
- bei hoher Glaubwürdigkeit besteht ein hoher  Änderungswiderstand der Kognition, also wird eher die eigene Meinung geändert
- bei niedriger Glaubwürdigkeit kann dieser leicht abgewertet werden, so daß die eigene Meinung nicht mehr zur Reduktion kognitiver Dissonanz geändert werden muß

- Bumerang Effekt: (Assimilations-Kontrast-Theorie v. Stahlberg 1987)
- tritt auf, wenn die Einstellung, die geändert werden soll, stark änderungsresistent ist
- bei stark emotional und affektiv gefärbten Werten und  Vorurteilen
Erklärung:
- die einstellungsdiskrepante Kommunikation erzeugt Dissonanz
- Änderungswiderstand der attackierten Kognition ist zu hoch, um geändert werden zu können
- die Änderungsresistenz der Kognition über die Kommunikation ist also geringer, als die der betroffenen Kogniton
- die bestehende Dissonanz wird durch Verfestigung der Ausgangseinstellung reduziert
- durch diese Verfestigung ensteht eine psychologische Distanzierung von der Kommunikation
- außerdem findet eine Abwertung der Kommunikation statt
- die angegriffene Kognition geht aus diesem Prozess gestärkt hervor
- je stärker die Verankerung der Einstellung, umso stärker der "Bumerang-Effekt"
 

10. Dissonanzreduktion und Alkohol
- bei sozialen Trinkern (keine Alkoholiker) Steigerung des Alkoholkonsumes unter Dissonanzbedingung
- bei Alkoholgabe nach einer einstellungsdiskrepanten Aufgabe (Dissonanz) keine Einstellungsänderung
- vermuteter Alkoholmißbrauch als eine Art Dissonanzreduktion ohne Einstellungsänderung
- unangenehme Gefühl der Dissonanz wird vermindert, aber keine kognitiven Änderungen

11. Anwendungsbereiche
11.1. Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie
- hohe Relevanz in der Auswahl, Beurteilung und Förderung
- Personenwahrnehmung
    - negativer Ersteindruck>>>stärkere Gewichtung weiterer Negativmerkmale
    - positiver Ersteindruck>>>geringere Bedeutung weniger erwünschter Eigenschaften

-Beurteiler mit einem bereits vorläufigen Urteil über eine Person wählen Interviewfragen so, daß das Vorurteil bestätigt wird
- der zu Beurteilende verhält sich aufgrund verbaler und nonverbaler Hinweisreize so, daß die Vorurteile des Interviewers
   bestätigt werden (ohne sich dessen bewußt zu werden)
- fehlerhafte Personalentscheidungen aufgrund persönlicher Urteilsbildung

- Wahrnehmungsverzerrungen innerbetrieblich:
- höhere Führungsebene schätzt Untergebene negativer ein, als diese sich selbst

- weitere Anwendungsbereiche:
- Dissonanzentstehung bei (betriebsnotwendiger) Durchführung von Maßnahmen, die selbst nicht vertreten werden
   (Entlassungen unter Betrachtung sozialer Folgen für die Betroffenen)
- Status- und Rollenänderungen bei Aufstieg in Führungspositionen
  - vorher vertretene Kritik muß nun evtl. selbst vertreten werden, dies führt zu Dissonanz mit damit notwendigerweise
    verbundener Einstellungsänderung (innerbetriebliche Sozialisation)

11.2.Klinische Psychologie
-  Angstüberwindung schneller bei freiwilliger Entscheidung (Referat v.Studenten vor Kamera)
-  Gewichtsreduktion stärker bei hohem Aufwand, als bei niedrigem Aufwand
-  Erfolg einer Placebobehandlung von Schlaflosigkeit maximiert durch Entscheidungsfreiheit über oder gegen die Behandlung
    und Erschwerung der Entscheidung für den Patienten

11.3. Politische Psychologie
- Urteils- und Präferenzsysteme leiten die Suche und Bewertung von Informationen
- Beurteilung der Qualität der Argumente bei einem Streitgespräch ist stark von der Präferenz des Beurteilers abhängig

11.4. Pädagogische Psychologie
- unter gewissen Bedingungen sind niedrige Belohnungen und niedrige Strafen effektiver als hohe

12. Alternativerklärungen zur Dissonanztheorie
12.1. Theorie der Selbstwahrnehmung
- Personen verhalten sich wie externe Beobachter
- sie schließen aus der Beobachtung ihres eigenen Verhaltens und/oder den Umständen, unter welchen dieses Verhalten stattfindet, auf ihre eigenen Einstellungen und Emotionen oder andere interne Zustände (Bem 1972)
- je geringer externe Gründe sind, ein Verhalten auszuführen, umso eher schließt die Person, daß das Verhalten ihre eigenen Einstellungen und Stimmungen widerspiegelt.
- Dissonanz bei  Einstellungsänderung , bei einstellungsdiskrepantem Verhalten, betrifft also den Ablehnungsbereich
- Selbstwahrnehmungstheorie betrifft den Akzeptanzbereich
- Fazio et.al.(1977): Erregungsnachweis nur innerhalb des Ablehnungsbereiches, nicht jedoch im Akzeptierungsbereich

Selbstwahrnehmungstheorie kann die Dissonanztheorie auf keinen Fall völlig ersetzen, da nur über ganz spezifische Bereiche Aussagen gemacht werden können.

12.2. Impression Management
- Tedeschi, Schlenker & Bonoma (1971)
- Menschen lernen durch Sozialisation, anderen gegenüber eine kontinuierliche Persönlichkeit zu präsentieren
- Dissonanz entsteht nicht durch Unvereinbarkeit von Kognitionen, sondern dadurch, nach außen hin konsistent erscheinen zu
   wollen (auch gegenüber dem Versuchsleiter)
- Einstellungsänderungen sind keine wirklichen EÄ, sondern dienen der Selbstrepräsentaton
- sehr widersprüchliche Forschungsergebnisse

12.3.Neugier- und Komplexitätstheorien
 - Vorhersage, daß Personen neuartige, komplexe, dissonante Informationen werden gesucht
-  Dissonanztheorie sagt aus, daß Menschen bestrebt sind, das Erwartete, Vertraute zu bestätigen und zu suchen
- wahrscheinlich spezifische Bedingungen Voraussetzung
 



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