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Die Theorie der sozialen Identität - Verhalten zwischen Gruppen
Literatur:
Theorien der Sozialpsychologie Bd. II(Frey/Irle Hrsg) Kognitive Theorien Verlag Hans Huber 2.Aufl.1993 Sozialpsychologie (Frey/Greif) Ein Handbuch in Schlüsselbegriffen 4.Aufl.1997 Beltz Verlag Psychologie Verlags Union



- Muzafer Sherif
1.Die Theorie des realistischen Gruppenkonflikts
- Sozialpsychologie der Interaktion und der sozialen Strukturen
- Verhalten von Individuen als Mitglied einer Gruppe
- Gruppenmitglied zu sein hat psychologische Konsequenzen gegenüber dem Verhalten als Einzelindividuum
- Ingroup - innerhalb der eigenen Gruppe als Ganzes
- Outgroup - andere Gruppen (nicht die eigene)
- Vorurteile, diskriminierendes Verhalten und Feindseligkeiten gegenüber der Outgroup entstehen durch einen
   Interessenskonflikt zwischen den Gruppen
- übergeordnete Ziele (superordinate goals) reduzieren intergruppale Feindseligkeiten
- wechselseitige Abhängigkeit von Gruppen zum Erreichen eines gemeinsames Zieles hat Verhaltenskonsequenzen
    - positive Abhängigkeit: Erreichen des Zieles nur gemeinsam möglich>>>führt zu Kooperation
    - negative Abhängigkeit: Erreichen des Zieles nur auf Kosten der anderen Gruppe>>> führt zu konkurrierenden
                                                  Formen sozialer Interaktion (bis hin zur Feindseligkeit)
    - antagonistische Beziehungen führen zu
                                                - erhöhter Solidarität innerhalb der eigenen Gruppe
                                                - Bevorzugung und besserer Bewertung der eigenen Gruppeneigenschaften und
                                                   Gruppenleistungen (ingroup favourism)
- soziale Beziehungen zwischen den Gruppen und den einzelnen Individuen sind durch die Funktion bestimmt, welche die
  Beziehung zwischen den Gruppen für das eigene Gruppenziel hat
  - Konflikt entsteht bei objektiven/realistischen Interessenkonflikten und inkompatiblen Zielen
  - gemeinsame, gruppenübergreifende Ziele bewirken soziale Harmonie und Freundschaft
>>> realistische Gruppen-Konflikt-Theorie (Campbell 1965)

2.Soziale Kategorisierung und Diskriminierung zwischen Gruppen
- bestätigende experimentelle Befunde der Gruppen-Konflikt-Theorie werden angezweifelt, da es keine Kontrollgruppe gab
- fraglich ist, ob ein Interessenkonflikt eine notwendige Bedingung für das Entstehen von Outgroup-Diskriminierung ist
- es wurde gezeigt, daß Ingroup-Begünstigung auch OHNE kompetitive Bedingung zustandekommt
minimal group paradigm (minimal hinreichende Bedingungen für Ingroup-Favorisierung und Outgroup-Diskriminierung)
- Tajfel
- Effekt reiner Kategorisierung
    a. keine face-to-face-Interaktion der Vpn
    b. Anonymität der Gruppenmitgliedschaft (keine Info über Personen, außer deren Gruppenzugehörigkeit)
    c. keinerlei instrumentelle oder rationale Verknüpfung zwischen der Art der Gruppeneinteilung und der Art des
        von den Vpn erwareteten Zwischengruppenverhaltens
    d. kein persönlicher Nutzen für die Vpn durch bestimmtes Verhalten
    e. für die Vpn stellen die Verhaltensweisen reale und bedeutsame Entscheidungen dar (Geldbelohnung oder Bestrafung
        anderer Personen)

>>> dadurch wird eine extrem reduzierte Ausgangslage geschaffen

- dennoch traten selbst unter diesen minimalen Bedingungen Ingroup-Favorisierung /Outgroup-Diskriminierung auf
   (implizite Konkurrenz)
- Mitglieder der eigenen Gruppe werden bevorzugt
- relativer Gewinn für die eigene Gruppe oft für die Vpn wichtiger, als der absolute Profit für die Ingroup
- demzufolge reicht einfache Kategorisierung in zwei Gruppen bereits für Ingroup-Favorisierung/Outgroup-Diskriminierung
   aus
- explizite Konflikte und realistischer Wettbewerb macht lediglich die Kategorisierung bedeutsamer (verstärkt das
  Ausmaß der Diskriminierung)
- bei eindeutig abgegrenzter Kategorisierung (In/-Outgroup) verzichten Individuen darauf, den materiellen Nutzen insgesamt
  bzw. zumindest für die eigene Gruppe zu maximieren
  ( nicht instrumentelles, nicht-utiliarisches, nicht-rationales Verhalten)

3. Gruppe und Gruppenidentifikation
- Forderung nach Trennung interpersonaler von intergruppalen Konzepten
- Soziale Identitäts-Theorie (SIT) - 1978
   - eine Gruppe ist eine Ansammlung von Menschen, die fühlen oder wahrnehmen, daß sie eine Gruppe sind, die sich selbst
     als Angehörige einer Gruppe kategorisieren, und die konsensual in der gleichen Weise von anderen kategorisiert
     werden
- kognitive Komponente: Wissen um die eigene Gruppenmitgliedschaft
- evaluative Komponente: Bewertung der Gruppenmitgliedschaft (positiv/negativ)
- emotionale Komponente: Gefühle, die mit dem Wissen und der Bewertung einer Gruppenmitgliedschaft verbunden sind
(Tajfel)

- Gruppenidentifikation (Sherif) variiert nach obigen Kriterien (lt.Tajfel), die Gruppe wird zur psychologischen Realität
- Verhalten zwischen Gruppen erfolgt erst, wenn Konsens aller Beteiligten (auch der Outgroup) über die kognitive
   Komponente besteht
  - Gruppe stellt also einen Aspekt der sozialen Realität dar, die konsensual konstruiert wird, die in diesem Sinne aber nicht
    statisch, sondern in dynamischer Weise Veränderungen unterworfen ist.

4. Interpersonales vs.intergruppales Verhalten
- soziale Situationen, in welchen Individuen sich
   - als Individuen
oder
   - als Mitglieder einer Gruppe
verhalten

Unterscheidungsmerkmale:
Variation auf einem Kontinuum zwischen
1. eindeutig interpersonell und eindeutig intergruppal
     - in reiner Form unwahrscheinlich, wahrscheinlich treten Mischformen auf (interpersonales Gespräch zwischen zwei
       Liebenden als interpersonelle Kommunikation und nicht intergruppaler)
2. individueller Variabilität von Einstellungen und Verhalten und Maximum an Gleichförmigkeit (Uniformen, Marschieren in Formation)
3. der Wahrnehmung, Beurteilung und Behandlung von Outgroup-members gemäß derer individuell unterschiedlicher
     Merkmale einerseits und andererseits "undifferenzierter Items" innerhalb einer vereinheitlichten sozialen Kategorie
    - weitgehend durch die Mitgliedschaft, weniger durch individuelle Eigenschaften bestimmt
    - Outgroup-Mitglieder werden als "austauschbar" (ent-individualisiert) gesehen
    - abnehmende Urteils- und Verhaltensvaribilität
4. sozialer Mobilität und sozialer Veränderung
    - soziale Mobilität: Gruppenwechsel leicht möglich
    - soziale Veränderung: Gruppenwechsel schwierig bis unmöglich

Pos. 4 steht in kausaler Beziehung zu den anderen dreien und variiert die Beziehungen dazu.
(Tajfel, 1978)

5. Der psychologische Prozess der Entstehung von Verhalten zwischen Gruppen
- vier miteinander verbundene Prozesse
Soziale
        1.  Kategorisierung
            - Segmentierung der Umwelt  (zu welcher Gruppe gehöre ich, zu welcher nicht)
            - Ingroup/Outgroup (Hautfarbe/Religion/Nationalität/Einkommen usw)
        2. Identität
            - Ergebnis sozialer Vergleiche zwischen der eigenen und fremden Gruppen
        3. Vergleich
            - Bestrebtheit nach positiver sozialer Identität
        4. Distinktheit
            - positive Unterscheidung von anderen Gruppen/Überlegenheit

6. Soziale Kategorisierung und Verhalten zwischen Gruppen
- Umwelt wird geordnet
- Strukturierung und Systematisierung der Umweltgegebenheiten
- Konstruktion der sozialen Realität eines Individuums
- Wertkategorien lassen sich bzgl.ihrer Konnotation (gut/böse, nützlich-schädlich) unterscheiden
- kognitive Einteilung in distinkte Kategorien hat bedeutsame Auswirkungen auf das soziale Urteilen und Verhalten
- wahrgenommene Unterschiede werden akzentuiert, Unterschiede in der Ingroup werden unterschätzt
- Kategorisierungsaktivitäten sind
  - induktiv: Schließen von Merkmalen eines Individuums auf die ganze Kategorie
  - deduktiv: Zuschreibung von Eigenschaften aufgrund von Zugehörigkeit zu einer Kategorie
- Akzentuierungen sind Urteilsverzerrungen
  - nehmen mit der Wertbehaftetheit von Kategorisierungen zu
  - Überinklusivität: Zuordnung zu einer Kategorie, zu der "es" (das Individuum) nicht gehört
  - Überexklusivität: Nichtzuordnung zu einer eigentlich dazugehörigen Kategorie
- je höher die Wertdifferenz, desto stärker die Akzentuierung
-
6.1.Theorie sozialer Stereotype (Tajfel)
- Kategorisierung sozialer Sachverhalte, die von vielen Personen geteilt werden
  - soziale Stereotype leiten sich aus der Beschaffenheit des Beziehungsgeflechts zwischen den sozialen Gruppen ab
Stereotype haben 3 Gruppenfunktionen:
    - soziale Kausalität
    - soziale Rechtfertigung
        - diese beiden dienen der Herstellung und Bewahrung von Gruppenideologien
        - Stereotype dienen der Interpretation und Erklärung
    - soziale Differenzierung
        - Herstellung und Bewahrung der für die Ingroup positiven Differenzierungen zwischen eigener und anderen
           sozialen Gruppen
        - zur Unterstützung der positiven Distinktheit

7.Soziale Identität und sozialer Vergleich
- Perzeption der eigenen, aber auch der Position anderer Personen innerhalb des Systems sozialer Kategorien
- kognitive Struktur von Selbst- bzw. Personenwahrnehmung
- Summe davon ist die soziale Identität
- idiosynkratische Identität (persönl. Geschmack, Intellektuelle Fähigkeiten etc)
- soziale Identität und idiosynkratische Identität bilden zusammen das Selbstkonzept eines Individuums
- das Verhalten wird eher interpersonell oder intergruppal bestimmt
- Annahme: soziale Identität ist der kognitive Mechanismus, der Gruppenverhalten erst möglich macht
Verknüpfungen:
- kognitive Prozesse
- motivationale Prozesse
- Bewertung durch sozialen Vergleich
- relevant sind  die whrgenommenen Unterschiede und erst dies führt zu Wertzuschreibungen
- eigene soziale Identität ist umso positiver, je positiver sich die eigene Gruppe von Vergleichsgruppen abhebt

Grundlage der S.I.T. ist Festinger´s  Theorie der sozialen Vergleichsprozesse
Festinger: Vergleiche zwischen Individuen zur individuellen Validierung
S.I.T.: Vergleiche zwischen sozialen Gruppen in Funktion auf die soziale Identität der Mitglieder der Gruppe

Sozialer Wettbewerb:
- Gruppenvergleichsrelevanz steigt mit dem Wert der Vergleichsdimension, den ihm BEIDE Gruppen beimessen
- wechselseitige Vergleiche auf einer Vergleichsdimension >> wechselseitige Differenzierung in Richtung auf denselben
   Pol der Vergleichsdimension (jede Gruppe versucht, im Vergleich besser abzuschneiden)
- steigt, je wichtiger die Vergleichsdimension für die soziale Identität der Gruppen ist
- Wahrnehmung der Vergleichsgruppe als relevant
- größere Anstrengung, um positive Vergleichsergebnisse zu bekommen
- je größer die Relevanz, umso größer die Diskriminierung der Vergleichsgruppe auf der Vergleichsdimension
- Ähnlichkeit
- Vergleichbarkeit nimmt zu bei zunehmender räumlicher/zeitlicher Nähe, situativer Salienz, Auffälligkeit der Vergleichsgruppe

Festinger´s Bedingungen für Vergleichbarkeit werden ergänzt um Bedingungen, die sich aus den Beziehungen
zwischen Gruppen ergeben:
- Unähnlichkeiten sind stabil oder instabil
- Stabilität bei fehlener Änderungsmöglichkeit
- Wahrnehmung als legitim oder illegitim
- sozialer Wettbewerb bei großen Unterschieden auch dann mgl., wenn der Unterschied als instabil wahrgenommen wird

8.Strategien für die positive Distinktheit der Ingroup
- soziale Identität beschreibt einen dynamischen Veränderungsprozess
- bestehende Beziehungen sollen zu Gunsten der Ingroup verändert werden
- Veränderung der sozialen Identität: ungesicherte soziale Identität
- Mobilität zwischen den Gruppen betrifft das Individuum und läßt die Beziehungen zwischen den Gruppen unverändert
- Alternativ verbesserte soziale Identität durch Veränderung der Gruppenbeziehungen
- bei instabiler oder illegitimer Überlegenheit

a. Direkter sozialer Wettbewerb
Ingroup bias: eigene Gruppe aufwerten
Outgroup abwerten
positive Distinktheit der eigenen Gruppe wird betont
insbesondere bei bedrohter Überlegenheit einer statushöheren Gruppe

b. Neudefinition der Bewertungssituation
- soziale Kreativität
- Uminterpretationder ursprünglichen Vergleichsdimension
- Umkehrung der Bewertung
- nicht Vergleichsdimension sondern Vergleichsgruppe wird verändert
  - Outgroups gewählt, die im Vergleich schlechter abschneiden
  - hat nur Auswirkungen, wenn diese Neubewertungen innergruppaler Konsens werden, UND von der Outgroup
    angenommen werden
- Kampf um Anerkennung zwischen den Gruppen



- SIT  unterscheidet intergruppale von interpersonalen Regelhaftigkeiten
- Sozialpsychologische Theorien betrachten interpersonales Verhalten und verwenden dieses ebenso für Gruppen
- Gültigkeit vieler Theorie nur unter Vernachlässigung des sozialen Kontextes

9. Ähnlichkeit
- Kognitionspsychologie: positiver Zusammenhang zwischen Ähnlichkeit und Attraktivität
- SIT postuliert zwischen den Gruppen einen gegenteiligen Effekt:
  - Beeinträchtigung positiver Beziehungen bei großer Ähnlichkeit der Gruppen
  - Erhöhung des wechselseitigen Differenzierungsdruckes
  - Erhöhung des sozialen Wettbewerbs

- Interindividuell
    - ähnlich denkende Personen wirken bestätigend, was als postitiv verstärkend erlebt wird

- Intergruppal
    - soziale Vergleiche haben die Funktion, Unterschiede zu schaffen oder zu erhalten
    - verstärkter Ingroup bias gegenüber statusähnlichen Gruppen
    - jedoch ist Statusähnlichkeit allein keine hinreichende Bedingung für sozialen Wettbewerb
    - hinzukommen müssen kognitive Alternativen (Instabilität oder Illegitimität)

10. Diskriminierungsabbau
- sozialer Kontakt
- Art des Kontaktes: Kooperation hinsichtlich eines gemeinsamen Zieles
- Kontakt schafft die Gelegenheit, interindividuelle Ähnlichkeiten wahrzunehmen und Feindseligkeiten zu verringern
- Voraussetzung ist Spezifizierung der Bedingungen:
    - Erfolg/Mißerfolg
    - Anzahl der gemeinsamen Aktivitäten
    - Gruppneigenschaften

Nach Tajfel könnte es sein, daß mit der Induzierung eines gemeinsamen Zieles die vorangegangene Aufteilung der Gruppen aufgehoben, und die Individuen nun als Mitglieder EINER Gruppe zu sehen sind - somit keine intergruppale Vergleichsnotwendigkeit mehr besteht.

10.1. Verringerung von Diskriminierung nach der SIT
- Verringerung der Salienz der Kategorisierung in Ingroup/Outgroup
    - überlappende  Kategorisierung
    - Individualisierung der Outgroup
- Ausweitung des Angebots an Bereichen mit positiver Distinktheit
    - getrennte Vergleichsmöglichkeiten (z.B. bei gemeinsam erreichten Ziel) hinsichtlich des Beitrages der Ingroup
    - nicht unbedingt auf Kosten der Outgroup
    - faire Beurteilung, wenn unterschiedliche Vergleichsdimensionen

Einschränkung:
- Experiment von Mummendey & Schreiber: Outgroup-Diskriminierung wird nicht reduziert, sondern verlagert
- Ingroup wird besonders dort positiv bewertet, wo die Ergebnisse für die Aufgabensituation besonders wichtig waren
- Outgroup schneidet auf den zweitklassig bewerteten Dimensionen besser ab



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